Was ist eigentlich Steampunk?

Eine thematische Annäherung von Sibylle Nix

Steampunk: Viktorianischer "Science-Fiction"?

Wie wird unsere Welt in 100 oder 200 Jahren aussehen? Hat vielleicht Solarenergie Kohle, Gas und Öl ersetzt? Werden wir mit dem Flugtaxi zur Arbeit fliegen? Werden wir den Mars besiedelt haben?
 

So, wie wir uns heutzutage das 22. oder 23. Jahrhundert ausmalen, visionierten natürlich auch die Menschen im viktorianischen Zeitalter ((1837–1901) über die Zukunft.
 

Die industrielle Revolution sorgte in dieser Ära gerade für umfassende Veränderungen im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Dampf- und Wasserkraft waren immer stärker auf dem Vormarsch. Die noch junge Erfindung “Strom ”( am 27.01.1880 erhielt Thomas Alva Edison das Patent für die erste wettbewerbsfähige Elektrobeleuchtung) war noch so gut wie unbekannt bzw. wurde als "neumodischer Kram", der sich nicht durchsetzen würde, abgetan.

Also sinnierte man damals, auch inspiriert durch die Geschichten zeitgenössischer Autoren (Jules Verne, H.G. Wells), über eine dampfbetriebene Zukunft mit U-Booten und Luftschiffen und vielen weiteren, aus damaliger Sicht noch utopischen Gerätschaften. Natürlich dampfbetrieben, so, wie man es eben damals gewohnt war!

Die Grundidee des Steampunk, die Vorstellung UNSERER GEGENWART vor dem Hintergrund des späten 19. Jahrhundert war somit schon damals geboren.

Wie "Steampunk" in unsere Gegenwart reiste

Schön und gut, Steampunk ist also irgendwie "viktorianischer Science-Fiction", aber wieso hat sich in unserer Gegenwart überhaupt eine Steampunk-Bewegung entwickelt? Gehen wir der Sache doch mal nach..

Der Begriff "Steampunk" ist für deutsche Ohren etwas sperrig, daher kurz vorab eine einfache Begriffserklärung:

"Steam" bedeutet simpel Dampf, (in Bezug auf die Dampfmaschine), "Punk" steht für eine alternative Weltanschauung/Mentalität. Also nichts von wegen Punker mit bunten Haaren und revolutionären Gedanken!  
Wobei, nicht so ganz...

Steampunk ist, eigentlich nicht verwunderlich, der Literatur entsprungen, kam ursprünglich als Subgenre der Literaturgattung Science-Fiction in unsere Welt.

Steampunk-Romane haben oft das viktorianische Zeitalter als Handlungshintergrund, der aber mit nicht der Zeit entsprechenden Erfindungen (alles natürlich dampfbetrieben) angereichert wird.
Die Protagonisten dieser Romane sind oft rebellisch und stellen sich gegen ein die Unterschicht unterdrückendes Regime. Sie sind also "Steampunks".

Den Begriff "Steampunk" selbst prägte der Science-Fiction Autor K.W. Jeter, u.a. auch bekannt für seine "Bladerunner-Fortsetzungen, im Jahr 1987 in einem später veröffentlichten Brief an das renommierte "Locus Magazin".

Jeter hatte zu diesem Zeitpunkt schon selber zwei vikorianisch-phantastische Romane geschrieben ("Morlock Night", 1979, "Infernal Devices", 1987) , in denen dampfbetriebene Technik zum Einsatz kommt.
In Anlehnung an das SciFi-Subgenre "Cyberpunk" mit seiner High-Tech Welt als Setting nannte er seinen Fantasy Fiction Stil "Steampunk".

Der Begriff STEAMPUNK war geboren.

Steampunk als Kunst- und Kultur-Bewegung

Was als literarische Gattung begann, ist heute eine weltweit stetig wachsende Kunst- und Kulturbewegung mit Künstler*innen und Erfinder*innen sowie vielen Steampunk Veranstaltungen geworden.
Im Mittelpunkt steht dabei die Frage "Was wäre, wenn sich Dampfkraft, und nicht Strom weiterentwickelt hätte?"

Viktorianisch inspirierte Gewandung, höfliche Umgangsformen, Wertschätzung für die Errungenschaften der damaligen Zeit, Upcycling und Recycling "alter Schätzchen", das sind wichtige Elemente dieser Subkultur. In der es übrigens nur eine Regel gibt: Es gibt keine!

Steampunk ist Fiktion, jeder Mensch, unabhängig von Alter, Herkunft, religiösen oder kulturellen Unterschieden kann hier seiner Fantasie freien Lauf lassen.

Wichtig: Das viktorianische Zeitalter, die "frühe Industrialisierung" und die damit einhergehenden Ungerechtigkeiten (Kolonialismus, Ausbeutung der Unterschicht, Kinderarbeit, usw.) werden nicht verherrlicht, sondern auch kritisch betrachtet.

Steampunk will aber auch zum Nachdenken über unserer Gegenwart anregen. Nicht umsonst wird “Aus Alt macht Neu” groß geschrieben! Auch die derzeit vorherrschende Informationstechnologie wird augenzwinkernd hinterfragt. Wird z.B. KI wirklich eine derartig übermächtige Bedeutung erlangen, wie es gegenwärtige Science-Fiction (bzw. unser eigener Blick auf die Zukunft) vermuten lassen? Vielleicht entwickelt sich ja auch noch eine komplett neue Technologie, die, wie damals Strom die Dampfkraft, unseren derzeitigen Technikstandard bedeutungslos werden lässt?

Es ist und bleibt phantastisch!

Diese Definition stammt von Sibylle Nix und stellt ihre persönliche Betrachtung und Einschätzung da